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(Industrie, Österreich, Steiermark, Bezirk Weiz, Gleisdorf)

• Portrait: Karl Grabner / Vorstand bei Binder+Co, Gleisdorf
Von Martin Krusche

Scherben von Keramik, Steinen, Porzellan, als Abfall durchmischt, schließlich wieder auseinander zu bekommen ... Siebe, Förderbänder, smarte Komponenten mit Preßluftdüsen, Infrarotlicht. Video- und EDV-Systeme ... "Überall in Europa und meist auch in Übersee, wo eine große Anlage gebaut wird, ist Binder+Co mit dabei", sagt der Manager.

Grabner hat in Leoben studiert, den Betrieb 1991 als Wissenschafter kennengelernt, wollte darauf hin nicht mehr in den Universitätsbetrieb zurückkehren. Er arbeitete als Ingenieur im Konstruktionsbereich, machte sich mit dem Vertrieb vertraut, leitete erst eine Gruppe, dann einen Bereich, schließlich eine ganze Sparte ... "Die Kompetenz trainiert man hoch." Was ihn 2000 in den Vorstand brachte. Von wo aus heute ein Jahresumsatz von rund 35 Millionen Euro dirigiert wird. Die Hauptverantwortung teilt sich Grabner mit seinem Kollegen Helmut Wurzinger.

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Manche blicken bestenfalls bis zum Stadtrand, anderen ist die halbe Welt gerade groß genug. Umwelttechnik. Die markante Rundhalle, ein Patent des Hauses, ist den meisten, die von Westen zur Stadt hereinfahren, sicher schon einmal aufgefallen. Ein Bauwerk ohne Säulen, dessen Dach wie der Boden einer Getränkedose funktioniert und sogar Kräne trägt.

Am Anfang stand eine Bau- und Kunstschlosserei. 1894 gründete Ludwig Binder seinen Betrieb in Graz. In den 1920ern übernahm sein Schwiegersohn Alois Sernetz. Anfang der 60er übersiedelte die Firma an den heutigen Standort. Ab den 70ern gehörte Binder+Co zur VOEST Alpine. 20 Jahre später war Grabner schon an Bord: "Ich hab dann die Reprivatisierung voll miterlebt."

"Kreisschwinger". Das hat nichts mit dem Boxsport zu tun. Wie funktioniert ein Sieb? Was ist zu tun, damit es sich nicht verstopft, also der "Siebboden blind wird"? Aus dem letzten Weltkrieg stammt das Patent für eine sogenannte "Resonanzmaschine". Weiter- und Neuentwicklungen folgten. Etwa zur Aufbereitungstechnik für Schotter, die in Steinbrüchen zum Einsatz kam. Von der regionalen Firma zum Anbieter auf dem Weltmarkt, das hat modernere Gründe. Früher, als noch von Hand sortiert wurde, flog alles unter einer Größe von 20 Millimetern auf die Deponie. Heute schafft man in der Aufbereitung von Altglas einen Reinheitsgrad, dem gemäß in einer Tonne Glas nicht mehr als zehn bis 15 Gramm (!) Keramik übrigbleiben.

Auch die Trennung nach Farben wird bewältigt. Das ergibt zum Beispiel Weißglas von 99 Prozent Reinheit. Also maximal ein Kilo "Fehlfarbe" auf hundert Kilo Glas. Die gut abgestimmten Mischung von neuer Hochtechnologie und alt bewährten Komponenten. In "Industrietauglichkeit". "Ein Gerät muß in der Anlage und im Alltagsgebrauch funktionieren." Dauerhaft. Grabner, der sich für "eher vertriebslastig" hält, "Ich bin ein guter Verkäufer", muß die Entwicklungsarbeit im Auge behalten. Das heißt, drei Prozent des Umsatzes werden vor Ort in neue Lösungen investiert. "Weil hier die Leute sind, die schon Jahrzehnte Erfahrung mit diesen Dingen haben." Jede Investition muß sich freilich "in drei Jahren rechnen. Sonst investieren wir nicht." Grabner macht das so deutlich: "Vier Millionen Mehrkosten verlangen zwölf Millionen mehr Umsatz." Es wollen auch seine Kunden ihre Investitionen innerhalb von drei Jahren herinnen haben.

Fragt man Grabner, was er unter "Stabilität" versteht, sagt er: "Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen wirtschaftlichem Erfolg und der sozialen Absicherung meiner Leute." Nach innen gerichtet handelt das zum Beispiel von einer klaren Vorstellung, was "Fehlerkultur" sei. "Daß man seine Mitarbeiter nicht nach den Fehlern beurteilt, die ihnen unterlaufen, sondern danach, was sie daraus lernen." Das sei eine wichtige Grundlage des Betriebes, denn "je früher ich einen Fehler erkenne, desto schneller kann ich reagieren."

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