unplugged.at: text #52 / martin krusche / portraits

(Gemeinde, Österreich, Steiermark, Bezirk Weiz, Gleisdorf)

• Portrait: Bernhard Braunstein / Gemeinderat, Gleisdorf
Von Martin Krusche

Es ist keine gar so einfache Sache, in einem Raum voller Menschen den Lauf der Dinge so in Balance zu halten, daß für alle Beteiligten daraus Nutzen entsteht. Braunstein hat genau das zu seinem Beruf gemacht. Er ist Lehrer. Der sich inzwischen als Personalvertreter in der Region auch Erfahrungen auf noch komplexeren Ebenen geholt hat.

"Ich bin ein Typ, wenn mir was wichtig ist, muß ich da auch aktiv mitarbeiten." Das bewog ihn unter anderem, im Gleisdorfer Gemeinderat tätig zu werden. "Ich würde es nicht machen, wenn ich nicht wüßte, daß hier eine gute Diskussionskultur herrscht", faßt er seinen diesbezüglichen Eindruck zusammen.

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So hat er sich in einem ebenso populären wie heiklen Projekt Gleisdorfs exponiert. Er leitete die Projektgruppe, durch welche der Neubau des Wellenbades realisiert wurde. Die Sicherheit des Badebetriebes war eines Tages nicht mehr gesichert, die Kabinen galten als statisch unsicher, in manchem der Bereiche mußte der Aufenthalt strikt begrenzt werden. Ein Wasserrohrbruch gab den Anstoß, grundsätzliche Diskussionen anzupacken. "2002 wußten wir dann alle, jetzt muß eine Entscheidung getroffen werden."

"Ich war von der ersten Minute an dabei", sagt er über das Vorhaben, das 8,2 Millionen Euro an Budget verlangt hat. "Sowas geht heute nicht mehr regional, da muß man EU-weit ausschreiben." Was zu über 40 eingereichten Entwürfen führte. "Wir haben dabei die höchste Funktionalität im Auge behalten." Es werden jährlich über 80.000 Menschen erwartet. "Das ist ja eine Sache für die nächsten 30 Jahre."

Daraus wurde ein Weg, der 285 Tage lange ständig nach Achtsamkeit und Ausgleichen verlangte: "Was braucht man unbedingt? Was wünscht die Bevölkerung? Was funktioniert und was nicht? Was kostet was?" Das war aber bloß eine Ebene des Geschehens. So ein vielschichtiges Projekt ist natürlich sehr konfliktträchtig. "Bei Kollisionen von Standpunkten, sowas ist unvermeidlich, muß man dann vermittelnd arbeiten." Es sei wie ein Mobile, egal an welcher Ecke man hingreift, das bewegt auch an allen anderen Ecken etwas.

Und stets wieder Kostenfragen. Beispielsweise: "Wo kann ich was reduzieren, damit was anderes, das plötzlich teurer ist, sich finanzieren läßt?" Braunstein kritisiert dabei: "Geht es um öffentliche Bauten, kalkulieren manche Professionisten anscheinend anders als im privaten Bereich. Das gibt mir zu denken." Er vermutet, daß da gelegentlich mit dem Druck spekuliert würde, der unweigerlich auf die Politik entstünde, wenn etwas, das die Bevölkerung wünscht, womöglich nicht gemacht werden könnte.

"Nach diesem Projekt hätte ich keine Sorgen, mir ein Haus zu bauen. Die Erfahrungswerte sind enorm." Braunstein sah sich als Bindeglied zur Gemeinde, mit der Aufgabe, den Gemeinderat regelmäßig zu informieren. Es hatten während des Verlaufs der Arbeiten immer wieder neue Entscheidungen gefällt zu werden.

Nun geht es noch einige Monate in die Nachbereitung: "Um zu klären, ob wir gekriegt haben, was beschlossen war." Das sieht er sich nicht nur in den Papieren gründlich an. Sondern auch direkt am Beckenrand: "Ich war einer der ersten, der seine Kabine bezogen hat."

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