unplugged.at: text #57 / martin krusche / portraits

(Soziales, Österreich, Steiermark, Bezirk Weiz, Gleisdorf)

• Portrait: Christine Engelmann / Familienhelferin
Von Martin Krusche

Als Leiterin der Caritas-Familienhilfe Oststeiermark weiß diese Frau, was "Familie" alles bedeuten kann. Darf oder muß man hinter die Kulissen blicken, tut sich da ein weites Feld mit vielen überraschenden und manchen düsteren Seiten auf. Die Lebensrealitäten unserer Gesellschaft zeigen mehr Vielfalt und Eigenheiten, als idealistische Darstellungen ahnen lassen.

Spricht Engelmann von ihrer Praxis, wird deutlich, dass in keinem Milieu Garantien auf das Gelingen des Lebens ausgegeben werden. Dabei hat sich die erfahrene Mutter dreier Kinder folgendes Prinzip angeeignet: Sie arbeitet an der Lösung von Problemen statt von Schuldfragen.

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Diese Erfahrung wendet sie auch bei der Befassung mit "Frauenthemen" an. Ein Stichwort, das oft erstaunliche Widerstände erzeugt. Denn manche Mitmenschen wollen nicht hören, dass ein Frauenleben von Nachteilen und Belastungen geprägt sein kann, welche Männer so nicht erleben. Das wird vor allem dort deutlich, wo propagierte Ideale und Lebensrealitäten auseinanderklaffen. In dieser Kluft bleiben Frauen oft mit ungelösten Problemen alleine und auf der Strecke. Engelmann: "Die politischen Wunschbilder werden eben meistens von älteren Männern geprägt." Frauen und junge Menschen, betont sie, seien in politischen Gremien noch zuwenig vertreten.

Engelmann ist in einer Landwirtschaft aufgewachsen. Ihr Vater, von dem sie mit großer Wertschätzung spricht, war lange Zeit als Bürgermeister tätig. Darum weiß sie aus nächster Nähe, was ihre Mutter alles schaffen mußte, damit die Wirtschaft gedeihen und die Kinder groß werden konnten. Daraus leitet sich eine simple Frage ab, nach der man Situationen einschätzen kann: "Was klappt noch, wenn die Frau ausfällt?"

Dass es nun ein "FrauenNetzwerk Oststeiermark" gibt, resultiert aus der geringen öffentlichen Wahrnehmung solcher Themen. So haben betroffene Frauen begonnen, Erfahrungen und Informationen auszutauschen. Denn, so betont Engelmann, "es geht ja um ein partnerschaftliches Miteinander der Geschlechter." Man könnte sagen: Weg von Vorurteilen, hin zu Klarheiten. Das nützt erfahrungsgemäß allen Beteiligten. Doch es sind heikle Entwicklungen. Weshalb Engelmann großen Wert auf ein "Toleranzprinzip" legt: "Jede Frau, jeder Mann steht wo anders." Aus ihrer Naturverbundenheit heraus sagt sie: "Dinge müssen reifen können. Dann weiß man, dass sie gut werden."

So wählt das "FrauenNetzwerk" sich Jahresthemen und bearbeitet sie bedächtig. Momentan lautet der Schwerpunkt "Frau und Geld". Gespräche, Vorträge, Aktionen. Im "FrauenNetzwerk" gilt Offenheit und Antwortvielfalt: "Wir sind uns einig, dass wir uns nicht einig sein müssen." Was wohl bedeutet, dass Wahrheiten eben nicht automatisch zutage treten, in dem man Widersprüche eliminiert. Das läßt sich etwa am Begriff "Mutter" gut deutlich machen. "Das Wort kann sehr viel bedeuten, denn ‘die Mutter’ gibt es nicht." Individuelle Lebensentwürfe im Sinne von: "Frau muß für sich schauen, was sie gerne tut und was stimmig ist." Pflichten? Freilich. Aber auch die Frage: "Was muß eine Frau hinnehmen?" Wer darf sagen, wo es langgeht? Dazu gibt es höchst unterschiedliche Auffassungen. Nicht nur unter Männern. Auch Frauen gewichten und bewerten da ganz verschieden. Deshalb, das scheint eine wichtige Sache im "FrauenNetzwerk" zu sein, muß ja darüber geredet werden können.

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15•05