unplugged.at: text #64 / martin krusche / portraits |
(Dienstleistung, Österreich, Steiermark, Bezirk Weiz, Gleisdorf) Portrait: Sandra Lang und
Willibald Pinter / Bestattung Was immer uns aus Spielfilmen vor Augen stehen mag, wenn wir an Begräbnisse denken, die aktuelle Realität in der Oststeiermark ist wesentlich zurückhaltender. Auch wenn manch spektakulär scheinende Form denkbar und sogar zulässig wäre. Hinterbliebene haben in Gleisdorf offenbar viel ruhigere Prioritäten. Die Bestattung Gleisdorf ist gewisssermaßen das Traditionshaus vor Ort. Seit rund rund dreißig Jahren präsent, historisch in den Grazer Stadtwerken verwurzelt, da die Gemeinde Graz 1906 per Erlass der "k. u. k. Steiermärkischen Statthalterei die Konzession für den Betrieb einer Leichenbestattungsanstalt erhalten hatte. Was heißt es nun in der Praxis, wenn heute von Qualitäten wie Seriosität, Pietät und Kompetenz die Rede ist? Bevor ein Leichnam von der Behörde freigegeben ist, dürfen wir nichts damit machen, sagt Willibald Pinter. Außer das Abholen und Verwahren. Der Arzt stell einen Totenschein aus. Sollten über die Umstände des Todes Unklarheiten bestehen, schaltet sich die Staatsanwaltschaft ein. Ansonsten wird die Gemeinde des Sterbeortes formell infomiert und die Betreuung der Angehörigen rückt ins Zentrum. Es sind Wünsche und Anforderungen betreffend die Aufbahrung, die Verabschiedung und das Beerdigen zu erfüllen. Sandra Lang begleitet die Betroffenen dabei. Da muß man emotional hineinwachsen, sagt sie. Die Menschen wollen mit ihren Problemen angenommen und ernst genommen werden. Was oft zu unvorhersehbaren Reaktionen führe: Man erlebt da alles. Weil die Menschen so verschieden sind. Von aggressiv bis niedergeschlagen. So sei zwar jeder Trauerfall anders, aber eines erfahre sie als durchgehend: Die Menschen wollen in der schwierigen Situation nett behandelt werden. Dabei werde sachliche Kompetenz als selbstverständlich vorausgesetzt. Nicht nur für den bürokratischen Aufwand. Üblicherweise wird ein toter Mensch gewaschen. Was in manchen Fällen noch Angehörige übernehmen. Ansonsten leistet Pinter diesen Dienst. Es folgen das Ankleiden und Einsargen. Pinter: Ich frag, ob wer dabei sein will oder noch mal schauen, bevor der Sarg verschraubt wird. Aufbahrungen in offenen Särgen werden hier praktisch nicht mehr gewünscht. Wie auch Beigaben, die früher schon vorgekommen sind. Etwa eine Flasche Wein oder ein Lieblingsgegenstand der Toten. Das wäre heute nicht mehr erlaubt. Die Hausaufbahrungen sind Geschichte. Wie die Totenwache. Es gibt in Gleisdorf aber noch einen Totengräber, der auf einen Bagger verzichtet, die Gräber von Hand schaufelt. Die Aufbahrung, als Gelegenheit zum Abschiednehmen, erfolgt einen Tag vor dem Begräbnis. Auf dem letzten Weg werden Tote entweder von einem Geistlichen begleitet. Oder, falls sie nicht gläubig waren, von einem Laien. Der Friedhof befindet sich übrigens im Eigentum und in Zuständigkeit der Pfarre, steht aber allen Glaubensrichtungen und auch Atheisten offen. Pinter: Füher hat es für Selbstmörder einen eigenen Winkel gegeben. Das ist aber längst vorbei. Abgrenzungen sind nicht mehr üblich. Unsere Arbeit ist erledigt, wenn der Sarg in der Erde ist, meint Lang. Falls es keine Feuerbestattung gab. Nach der es, bei entsprechender Genehmigung, sogar möglich wäre, die Urne nachhause mitzunehmen. Ein frisches Grab ruht ein Jahr lang, bis es seine Ausstattung an der Oberfläche erhalten kann. Aber da liegt alles längst wieder in den Händen der Angehörigen. [Andere Portraits] |