unplugged.at: text #65 / martin krusche / portraits

(Gastronomie, Österreich, Steiermark, Bezirk Weiz, Gleisdorf)

• Portrait: Desireé Hadolt / Café-Betreibern
Von Martin Krusche

„Mein Wunschtraum war von jeher, ich will ein Café.“ Aus diesem Motiv führte vor Jahren ein Spaziergang durch Gleisdorf. Auf der Suche nach einem geeigneten Raum fand das Ehepaar Hadolt zu einem vormaligen Trachtenmodengeschäft mit der prägnanten Adresse Friedhofweg 1, das heute ein gastliches Lokal ist. Die Gastwirtin als Gastgeberin.

Was in der überschaubaren Dimension, die Hadolt gewählt hat, auf individuelle Art möglich ist. „Die Gäste zeigen einem ja, was sie möchten“, sagt sie. „Über die Jahre lernt man seine Stammgäste sehr gut kennen.“ Falls einer ausbleibt, fällt ihr das auf. „Der geht mir ab.“ Ob wer eine spezielle Biersorte bevorzugt, ob jemand sein eigenes Glas haben möchte ... „Ich wollte nie größer sein. Im Kleinen macht man alles selber.“ Was meint: „Mein eigener Chef sein. Als Angestellte kann ich nicht entscheiden, was und wie ich machen will.“

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Diese Haltung, bis ins Detail eigene Vorstellungen durch- und umzusetzen, verlangt freilich einen erheblichen Arbeitseinsatz. Das Café hat ab sieben Uhr morgens geöffnet, „da kommen Leute zum Frühstück“. Der Betrieb läuft bis 22 Uhr. Bei Bedarf auch bis Mitternacht. „Wir sind ein Familienbetrieb.“ Sie teilt sich die Schichten mit ihrem Mann Tankred. „Meine Tochter hilft aus, wenn viel Arbeit ist, mein Schwiegersohn auch“.

„Hausgemacht“ heißt da nicht „so wie ...“, sondern tatsächlich: „im Haus gemacht“. Also beispielsweise drei Kilo Zwiebel schneiden. Als Auftakt zur Gulaschsuppe. Die Grillabende mit Meeresfrüchten wird es ab Mai wieder geben. Daß zu all dem eine 40 Stunden-Woche nicht reichen würde, ist klar. Hadolt resolut: „Ich will’s so, ich brauch’s so, ich tu’s gern.“

Die Stammgäste revanchieren sich entsprechend. So wurde dem Ehepaar zum dreijährigen Bestehen des Cafés ein dreitägiger Aufenthalt in der Therme Loipersdorf spendiert. Was wohl drauf hinweist, daß man sich die Wirtsleute lange erhalten möchte.

Desireé Hadolt, die „Desi“ gerufen wird, ist eigentlich in Südafrika aufgewachsen, als junges Mädchen nach Österreich gekommen, woher ihr Vater stammt. Das ferne Land ist immer noch ein Stück Heimat für sie, das alljährlich besucht wird. Ihr hiesiger Weg in die Gastronomie begann im einstigen Gasthof Haberfellner. Später war sie am Imbiß-Stand von „Charly“ Kohl tätig. Der Weg in die Selbstständigkeit ist von harten Lernschritten begleitet gewesen. Gewissermaßen auf der Schulbank. Denn um die nötigen Befugnisse zu erhalten, muß man Prüfungen absolvieren, deren Lernstoff neben der Alltagsarbeit bewältigt sein will. Dabei hatte sie auf Zusammenarbeit mit anderen gesetzt.

So hält sie es übrigens auch in der täglichen Praxis: „Ich seh andere nicht als Konkurrenten. Mit einigen arbeite ich gut zusammen. Wir helfen uns gegenseitig aus.“ Hadolt meint, das würde gesamt sehr nützlich sein. Neid zu vermeiden und Zusammenarbeit zu pflegen. „Ich nehm ja niemandem die Gäste weg. Jeder hat sein Publikum.“ Es seien ganz andere Probleme zu bewältigen. „Seit der Euro da ist, ist es schwieriger.“ Sie habe alte Kassenbücher mit den jetzigen verglichen. Die Umsätze seien eher zurückgegangen und würden insgesamt langsamer steigen als die laufenden Kosten. „Ohne starkes persönliches Engagement könnte ich zusperren.“ Ihr Motto lautet: „Chefin spielen genügt nicht. Man muß viel arbeiten und Ideen haben, dann kommt das Geld auch.“

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