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(Architekt, Österreich, Steiermark, Bezirk Weiz, Gleisdorf)

• Portrait: Joachim Karner / Architekt
Von Martin Krusche

„Er war als fachlicher Begleiter mit dem Jugendpavillon im Gleisdorfer Stadtpark befaßt, momentan arbeitet er am Umbau des Kulturkellers. “.

Im Kontrast zu den Teenagerwelten steht die Betreuung des Rathau-Umbaues, für den er mit seinem Partner Norbert Schribertschnig verantwortlich ist. Das Gebäude zeigt sich nun wieder in der Farbe aus der Zeit seiner Erbauung Ende des 19. Jahrhunderts. „Das ist damals übrigens ein Architekturwettbewerb gewesen“, sagt Karner.

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Er versteht seinen Beruf so: „Architekt, das heißt Baumeister.“ Dabei sieht er sich selbst vor allem als Teamworker, nicht als Selbstdarsteller. Wenn etwas entstehen soll, „gibt ja nicht nur der Architekt seine Fachmeinung ab, sondern alle Bereiche.“ Darauf folgt: „Man muß immer auf Diskussionen gefaßt sein.“ Also setzt er bei jedem Projekt von Anfang an auf Beratung.

Das heißt praktisch: „Die Entscheidungsträger begleiten.“ Im Gegensatz zu privaten Auftraggebern müsse man bei kommunalen Bauvorhaben „eine größere Menge an Leuten zufrieden stellen.“

Karner ist einen eigenwilligen Weg gegangen, um sich auf diesem Feld zu bewähren. „Ich wollte was finden, womit ich leben kann.“ Nach der Mittelschule fing er mit Elektrotechnik an, stieg kurz auf Architektur um, wurde jung Vater und absolvierte eine Tischlerlehre. Später kehrte er zur Architektur zurück, weil ihm wichtig war: „Ich find was, was ich mag und was mich mag.“ Über seine Entscheidung sagt er lächelnd: „Das Pferd hat mich noch nicht abgeschmissen.“

Karner meint: „Gewohnheit ist eine große Macht.“ Er weiß natürlich, daß Veränderungen in einem vertrauten Stadtbild Diskussionsstoff ergeben und Widerstände erzeugen. „Wenn du was hinstellst, mußt du auch kritikfähig sein.“ Seine Erfahrung besagt: „Feedback kriegst du sofort.“ Dazu kommt in Gleisdorf: „Ich stehe genau so in der Öffentlichkeit wie das Gebäude. Mich kann jeder fragen.“ Denn: „Ich bewege mich gerne in der Stadt und hör mir Rückmeldungen auch an.“

Als eine der Grundlagen seiner Profession nennt Karner: „Du mußt einen langen Atem haben und alt werden.“ Allgemein stellt er fest, daß zu schnell zu viel gebaut werde. „Beim Autokauf wird oft mehr überlegt als bei der eigenen Hütte“, meint er ironisch, um anzufügen: „Architektur ist eine Wohlstandserscheinung und kein ‚Grundnahrungsmittel’.“ Ihm fehlt in der Branche oft der Anspruch, über mehrere Generationen hinweg eine sinnvolle Wirkung zu erzielen. Geld sei ein starker Anreiz: „Vielen ist es dann egal, wie die Leute drinnen wohnen und damit zurechtkommen.“

Karner empfiehlt den Menschen zu klären, warum ihnen etwas gefällt. Das könne auch jeder Laie. „Wie erlebe ich ein Gebäude, wenn ich hineingehe?“ Man solle nicht schnell verurteilen, sondern sich umsehen, Eindrücke sammeln. Vielfältige Räume, Spannung, Proportionen, wie sich Gebäude zu einander verhalten, wie Plätze auf einen wirken, was einem anderswo gefallen hat und warum; man müsse nicht zu den Fachleuten zählen, um so was begründen zu können.

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