netart
Ziel dieser Arbeit ist die adäquate
Beschreibung von net.art in ihrer medientechnischen Logik. Der Zusammenhang zwischen
Medium und Internet basiert auf der heute allgemein gültigen Erkenntnis Marshall
McLuhans, dass Medien weitreichende Einflüsse auf Wahrnehmung und Sinnesorganisation und
damit auf die Wirklichkeit in all ihren Teilbereichen haben.
Als Grundlage zur Beschreibung des
elektronischen Mediums Internet, in dessen Rahmen sich net.art bewegt, dienen die Aussagen
und Voraussichten der Medientheoretiker Marshall McLuhan und Paul Virilio.
McLuhan bezeichnet elektronische Medien
als Ausweitung des zentralen Nervensystems. Sie lösen die traditionellen Verhältnisse
von Raum und Zeit auf, sind durch ein Zusammenspiel der Sinne gekennzeichnet und heben
Gegenüberstellungen, wie Kunst/Technologie, Kunst/Kommerz oder Arbeit/Freizeit auf.
Virilio, der grundsätzlich vom gleichen
Medienverständnis wie McLuhan ausgeht, betont in der Beschreibung digitaler Medien die
Perspektive der Echtzeit bzw. der Geschwindigkeit, die zum Verlust raum-zeitlicher
Dimensionen führt. Die beliebig programmierbare Virtualität der digitalen Medien ist
abhängig von der Aktualität und nicht der Realität. Sie ist zugleich mit Verlusten
verbunden.
Peter Weibel beschreibt die Kunst in
Hinblick auf die Systemtheorie als postontologisch bzw. systemisch. Sie ist geprägt durch
die Eigenschaften der Variabilität, Virtualität und Viabilität. Seine Aussagen über
die heutige Kunst allgemein dienen hier als Rahmen für die Beschreibung der speziellen
Kunstform net.art.
Auf Basis dieser Theorien werden die
technischen Grundprinzipien des Mediums Internet, das die Bedingungen für net.art
konstituiert, untersucht. Von diesen abgeleitet werden dem Internet die interdependenten
Eigenschaften Variabilität, Universalität, Konnektivität, Simultaneität,
Interaktivität, Virtualität und Kommunikativität zugeschrieben.
Zur Beschreibung der neuen Logik der
net.art werden die Eigenschaften, die durch das Internet bedingt sind, zusammengefasst in
drei für die Kunst wesentliche Aspekte: die intra- und interrelationale Hybridisierung
der Kunst, Dimensionen einer neuen Perspektive des Zentrums und die Konstruktion in
Konnektiven als neues Prinzip der Erzeugung von Kunst. |
Net.art ist gekennzeichnet durch eine intra-relationale
Hybridisierung zwischen den bisher getrennten Rollen des künstlerischen Prozesses sowie
einer Entgrenzung zwischen unterschiedlichen Kunstgattungen. Auch eine inter-relationale
Hybridisierung zwischen Kunst und Technik, Kunst und Alltag, Kunst und Wirtschaft, Kunst
und Spiel u.a. ist zu beobachten. Diese Hybridisierung vollzieht sich aber nur innerhalb
der immaterialen Welt der digitalen Medien und auch dort ist sie gewissen Beschränkungen
durch soziale oder wirtschaftliche Aspekte unterworfen, die aus der Realwelt in die
digitale Welt einwirken.
Durch die globale, virtuelle Vernetzung
werden die Zeit- und Raumdimensionen der physischen Welt aufgehoben. Net.art ist durch
eine Perspektive des Zentrums gekennzeichnet. Jede Konkretisierung von net.art stellt
selbst ein Zentrum dar, das verschiedenste Perspektiven und Handlungsalternativen
eröffnet. Der Prozess der Interaktion mit net.art ist durch die Vielzahl an
Wahlmöglichkeiten zwangsläufig mit Selektivität verbunden. Die zeitliche Struktur von
net.art selbst ist durch sukzessive Zeitfolgen und Flüchtigkeit geprägt.
Net.art wird durch Interaktion
konkretisiert bzw. wahrgenommen. Durch die Zusammenschließung anonymer, simultaner
Teilnehmer über das globale Netzwerk wird die Erfahrung von net.art zu einer konnektiven
Konstruktionsleistung. Resultat dieses neuen künstlerischen Prozesses ist nicht mehr die
Repräsentation der realen Welt, sondern die Erzeugung oder Konstruktion möglicher neuer
Welten und Identitäten in Anschluß an die körperliche Welt des Users.
Diese neu formulierten Dimensionen von net.art
Hybridisierung, Perspektive des Zentrums und Konstruktion in Konnektiven können
auch der Untersuchung der Kunstgeschichte bis zur net.art dienen, indem sie eine neue
Perspektive eröffnen, die unserer heutigen digitalen Welt entspricht.
(Zusammenfassung eines Referates zum Seminar "Kunst im
öffentlichen Raum" bei Dr. Werner Fenz) |