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unplugged
medienkultur: unternehmungen
martin krusche
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Zur Sache
Andrea Wolfmayr hatte mich eingeladen, einen Beitrag über die Situation der Literatur in
der Steiermark zu verfassen. Daß es dabei um das kulturpolitische Programm der ÖVP ging,
habe ich nicht erfahren. Vielleicht war es zu dem Zeitpunkt aber auch noch kein Thema.
In einer email an den Autor Walter Grond und den Literaturwissenschaftler Klaus Zeyringer
steht:
At 10:00 11/03/00 +0100, you wrote:
>meine herren!
>
>gestern: day off. heute gehe ich wieder in den webbereich hinein. ist viel
>liegengeblieben.
>
>vorab ein kuriosum, das euch ein interessantes gschichterl sein könnte. und
>ein bißl zeigt, welches klima wir hier haben. andrea wolfmayr fragte mich,
>ob ich für ein steirisches ÖVP-magazin einen beitrag zum
>steirischen literaturgeschehen schreiben könnte. status quo und was es
>brauchen würde, wo es hingehen mag etc.
>
>hab ich gemacht. siehe anhang.
>
Sie sehen also, das war ein eher unspektakulärer Anlaß, einen Beitrag zu verfassen.
Soweit ich mich erinnere, dachte ich an die "Steirischen Berichte" oder das
"politicum". Da ich mit Andrea schon viele Jahre befreundet bin, fand ich es
vorerst nicht nötig, genauer nachzufragen.
In einer email vom "Thursday, March 09, 2000 1:58 PM" (die ich beigelegt habe)
schrieb mir Andrea von Einschränkungen und Änderungswünschen. Darauf hab ich meinen
Text explizit zurückgezogen und Herrn Bernhard Rinner eine Verwendung auch einzelner
Passagen untersagt.
Damit war die Sache für mich erledigt. Ich habe den Text dann in meiner damaligen Leiste
kulturpolitischer Notizen im Web publiziert: http://www.geocities.com/SoHo/Suite/5434/xplus/stand07.htm
Durch eine irrtümliche Korrespondenz mit einem Ihrer Mitarbeiter, Herrn Richard Mayr,
dessen Namen völlig gleich geschrieben wird, wie der des Gleisdorfer Stadtapothekers,
stieß ich nun wieder auf die damalige Arbeitssituation.
Er empfahl mir, das Programm in der Landesparteileitung zu ordern. Ich erhielt es am 23.
Mai von Herrn Zaki.
Zuerst las ich die Broschüre außer Haus, so daß ich das Kapitel 8 nicht gleich mit
meinem ursprünglichen Text vergleichen konnte. Aber immerhin erkannte ich sofort einige
prägnante Formulierungen. Ich telefonierte daraufhin mit Andrea Wolfmayr, die den Vorfall
bedauerte, mir aber nicht sagen konnte, wie das möglich sei und wer das zu verantworten
habe.
Am Samstag, 26. Mai 2001 07:43 mailte ich Herrn Mayr und Andrea Wolfmayr, um ihnen zwei
Passagen vorzulegen und nachtufrage, wer dafür wohl zuständig sei. (Die mail legt bei.)
Als ich danach meinen Text und das Programm der VP gründlicher verglichen hab, wurde mir
erst das Ausmaß des Diebstahls klar.
Aus meinem unerwünschten Beitrag für eine nicht näher benannte Publikation (Wolfmayr:
"Redaktionssitzung der Kultur-perspektiven") waren Versatzstücke für das
kulturpolitische Programm der VP geworden. Um so überraschender, als auch in der
ausführlichen Wolfmayr-mail keine Erwähnung vom kulturpolitischen Programm findet,
sondern (Zitat:) "Man meinte nämlich, genau dieses Heft sei nicht die Plattform für
kritische Auseinandersetzung, sondern eben nur ein Aufreißen und -zeigen der vorhandenen
Möglichkeiten."
Damals war also dauernd nur von einem "Heft" die Rede, was meine Annahme, es sei
von einer Zeitschrift die Rede, untermauerte.
Vor allem die folgende Aussage in der mail bewog mich, meine Text zurückzuziehen und auch
die auszugsweise Verwendung zu untersagen: "Der langen Rede kurzer Sinn: Dein Text
wird einfließen und einbezogen werden, Passagen, die aber besonders kritisch sind oder
eine eher subjektive Sichtweise zeigen, sollen hier nicht verwendet werden.
Bitte versteh mich richtig: Erstens war ich einfach dafür, authentisches und auch und
besonders kritisches Material einfließen zu lassen und ich hab dafür gekämpft. Ich
glaub, diese Debatte bleibt einem sowieso nicht erspart, und wenn man von Anfang an
ausklammert, daß es große Probleme auf dem Sektor gibt, und wenn man gerade kritische
Stimmen hier nicht vorkommen läßt, wird man über-kritische Reaktionen im Anschluß an
die VEröffentlichung der Broschüre geradezu herausfordern - meine Meinung. Aber bitte,
sie wollen es so."
Ich wollte nicht, daß mein Text irgendwo "einfließt". Wo das doch geschehen
ist, wäre eine Nennung der Quelle selbstverständlich wie es das
Urheberrechtsgesetz vorsieht.
Ich bin nie darüber informiert worden, was man VP-intern mit meinem Text vorhatte. Es
gibt keine Vereinbarung in der Sache, keinen Kosnens. Allein die Tatsache, daß sich
niemand bemüßigt fühlte, mir das Programm zuzusenden, weist darauf hin, daß man sich
mir in keiner Weise mehr verpflichtet fühlte.
Meines Erachtens spottet diese Vorgangsweise der erklärten Zielsetzung von Frau
Landeshauptmann Waltraud Klasnic:
"Wir wollen bewusst in einer Zeit, in der so viel über die Gefährdungen der
Freiheit der Kunst, über die Gefahr der Diffamierung, der Zensur, aber auch der
Vereinnahmung und des parteipolitischen Missbrauchs von Kunst und Kultur gesprochen wird,
ein klares Bekenntnis dazu ablegen, dass wir es als unsere politische Aufgabe sehen, Kunst
und Künstlern ihren Freiraum zu sichern und diesen aktiv weiter zu entwickeln. Das ist
ein klares Bekenntnis zum Eigenwert und zur Freiheit von Kunst und Kultur und mit dem
Auftrag, die bestmöglichen Rahmenbedingungen für die freie und kreative Entfaltung für
Kunst und Kultur zu schaffen." (Arbeitsprogramm 2000 bis 2005)
Aber sie verstößt eben auch gegen geltendes Recht. Ich ersuche um Vorschläge, wie diese
Angelegenheit zu bereinigen ist.
Martin Krusche
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